Kunstmuseum Basel
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Mit rauem Stein zu schlauem Schein

Der Lichtfries des Kunstmuseums Basel/CH ist eine Medienfassade wie in Stein gemeißelt.

Der Museumserweiterungsbau befindet sich im Stadtzentrum an einer Kreuzung, an der fünf Straßen aufeinander treffen. Der polygonal geformte Baukörper aus grauen Backsteinen ist passgenau und vis-à-vis zum alten Museum auf die enge Kreuzung gepflanzt. Ein Blickfang, eine Besonderheit sowie Bereicherung in der Baseler Stadtlandschaft. Die schlichte Gebäudehülle in Form, Farbe und Wirkung sticht zwar ins Auge, doch sieht gleichzeitig unauffällig aus. Es erinnert nicht gleich an ein solch renommiertes Museum, welches Kunst und Kultur beherbergt, sondern vielmehr an ein kantiges, pragmatisches Parkhaus. Und schon eine solche Illusion – welche Analogie sie auch immer hervorrufen mag – ist das Ergebnis einer Symbiose aus Stein und Licht, einer insgesamt clever gestalteten Gebäudehülle, eines geschickt eingesetzten Baustoffs.

Während der Hauptteil der Fassade bis auf eine Höhe von zwölf Metern aus klassisch-kantigen Ziegeln besteht, umzieht ab dort ein besonderer drei Meter breiter Fries das Gebäude, für den die acht Zentimeter hohen Ziegel längs mit einer konkaven Rille versehen wurden. Sie spielen die Hauptrolle für das, was der Fries im Stande ist zum Besten zu geben. Die so entstehenden, insgesamt 40 horizontal verlaufenden Zeilen bilden ein feines Relief. In ihnen sind auf dem Boden sowie von außen nicht sichtbar LEDs jeweils 22 Millimeter voneinander entfernt installiert, die durch die Anstrahlung der gewölbten Rille im hellen Backstein ein diffuses Licht kreieren. Vier benachbarte LEDs setzen sich zu einem Pixel zusammen. Alle gemeinsam haben eine Gesamtauflösung von 1306 mal 40 Pixeln. Der Fries wird zu einem Lichtfries, dieser zu einem lichtgesteuerten Medien- und Informationsdisplay, welches wiederum wesentliches, gestalterisches Mittel des Museumsneubaus ist. Ein Museum, weltweit anerkannt, schafft es somit, nicht nur mit seinen Kunstgütern und Ausstellungen für Aufsehen zu sorgen, sondern diesen Anspruch des "Innenlebens" auch nach außen zu transportieren.

Doch noch bevor das Kunstlicht für die Kreation von Schriftzügen sowie Ornamenten eingeschaltet wird, kommt es auf das Sonnenlicht an. Dies ist zum einen für ein grundsätzliches Licht- Schattenspiel auf der gesamten, rauen Backsteinfassade sowie dem mit den Aussparungen versehenen Fries verantwortlich, weil die Sonnenstrahlen insbesondere in den tiefen Rillen Schatten produzieren, wodurch sie dunkler als die umgebende Fassade erscheinen, und ist zum anderen ständige Bezugsquelle, um die Lichtintensität der versteckten LEDs zu steuern. Das funktioniert mittels Sensoren, die auf dem Gebäudedach installiert sind. Der sich verändernde Sonnenstand und damit einhergehend der natürliche Lichteinfall werden gemessen, um die LED-Technologie entsprechend darauf reagieren zu lassen. Das Ergebnis ist nicht zuletzt ein homogenes, vom Lichteinfall unabhängiges aber auch im Tagesverlauf dynamisches Schrift- oder Ornamentenbild für das sogenannte "Schattendisplay". Auch die Erscheinung der Fassade wirkt durch die subtile Bespielung mal mehr, mal weniger transparent. Das Gebäudeinnere scheint mit dem Äußeren zu interagieren. Das texturierte Mauerwerk aus hellgrauem Backstein erscheint vor allem durchlässig, je mehr die Strahlkraft der LEDs bei eintretender Dämmerung zunimmt.

Solange genügend Tageslicht vorhanden ist, werden die Elemente im Display von dunkleren Pixeln gebildet – der Fries istein Negativdisplay und Szenen wirken wie aufgemauert oder gemalt. Erstabends wandelt es sich zu einem Positivdisplay, indem es insgesamt heller erscheint.
Die Motive werden von helleren Pixeln dargestellt und ein vermeintlicher Blick ins Innere entsteht. Die Lichtfarbe der LEDs wurde sorgsam gewählt. Es handelt sich um warmweißes Licht. Die LEDs orientieren sich somit auch an der wärmeren Farbigkeit der grauen Fassade. Die Architekten haben ein modernes Stück Architektur erschaffen und den Lichtfries der Designer von iArt als integralen Bestandteil konzipiert. Schon der Architektur-prägende Backstein selbst war vor Jahrtausenden wichtiger Baustoff. Gleiches gilt für den Fries, der wie schon immer zur Gliederung und Dekoration von Bauwerken eingesetzt wurde. Beide Komponenten werden also nicht nur erfolgreich in die Gegenwart transportiert, sondern auch noch in besonderem Maß kombiniert und erweitert – nämlich um Licht. Während natürliches Licht texturgebend und grundsätzlich weiterhin seine wichtige und prägende Rolle behält, ermöglicht nun der versteckte und äußerst geschickte Einsatz von LED-Licht die Entstehung einer solchen Medienfassade, die eben als solche nicht im Geringsten zu erkennen ist. Es handelt sich um ein beispielhaftes Zusammenspiel von Natur- und Kunstlicht.

Das Licht macht die Architektur erlebbar, die Symbiose aus Stein und Licht sowie das gesamte technisch sehr ausgeklügelte Konzept, welches durch akribische Zusammenarbeit aller Architekten und Designer entstand, entfalten eine außergewöhnliche Wirkung, sodass Interieur und Exterieur miteinander zu interagieren scheinen. Die Rhythmen des Museumsbetriebs wirken nach außen und hinterlassen dort mittels Licht ihre Spuren. Am Kunstmuseum in Basel wird deutlich, dass ein modernes Lichtmedium als Teil der Architektur nicht knallig, nicht bunt, nicht aufgesetzt sein muss, sondern vollständig zugehörig und harmonisch integriert sein kann.

Planungsbeteiligte:

Bauherr: Bau- und Verkehrsdepartment Basel-Stadt, Städtebau und Architektur, Hochbauamt
Architektur: Christ & Gantenbein
Ausführung: Peter Stocker AG Baumanagement

Bauleitung: FS Architekten GmbH Lichtdesign Lichtfries: iart ag

Verwendete Produkte:

SMD LEDs (6000K), befestigt auf flachen Profilleisten