Blended Learning 2.0

Blended Learning 2.0

Nennen wir es KAOM

Chris Procter ist Senior Lecturer an der Business School der Hochschule Salford/GB und arbeitet seit langem für die Strukturierung und Implementierung effektiver Hochschulausbildung: „In der Veregangenheit war man der Meinung, dass das Online-Lernen den Präsenzunterricht komplett ersetzen würde. Jetzt besteht Klarheit darüber: Das Live-Erlebnis ist heute wichtiger denn je. Das gilt sowohl für Konferenzen als auch für das Lernerlebnis im Klassenraum. So wie gutes Essen gut vorbereitet und gut gekocht werden muss, so geht es bei ‚Blended Learning‘ nicht um die Mischung der Lernerlebnisse, sondern um die Art und Weise, wie sie miteinander kombiniert werden“ (daher auch der Titel seines Vortrags!).

Ursprünglich wurde angenommen, dass das Modell „Blended Learning“ aus Komponenten bestand wie: vom Lehrer gelieferte Inhalte, E-Learning, Webinare, Live- oder Online-Module mit Referenten sowie der Anwendung von sozialen Netzwerken und Events. Der Unterricht im herkömmlichen Klassenraum, sei es in einer staatlichen oder privaten Schule oder auf Hochschulebene, wird von den Schülern oder Studenten automatisch durch selbst recherchiertes Online-Unterrichtsmaterial ergänzt. Fernbildung oder Fernstudien bieten ganz klar weniger Zeit für direkte Gespräche über eventuelle Fragen oder Kommentare, aber die Kursteilnehmer interagieren trotzdem als Gruppe oder Klasse.

Das ist nicht überraschend, wenn man betrachtet, wie Arbeitsabläufe in der heutigen Zeit im Großen und Ganzen auf Teamarbeit beruhen. Dies kann sogar zu wahren Win-Win-Situationen führen: Durch den Erfahrungs- und Ideenaustausch der Mitarbeiter lernen alle intuitiv voneinander und die leitenden Teammitglieder stärken ihre eigenen Kenntnisse und Kompetenzen, indem sie andere führen oder ausbilden. Bei vielen der von uns durchgeführten praktischen Licht-Workshops (mehr als 40 weltweit), kommentierten die Workshopleiter nicht selten, wieviel sie von den Studenten und jungen Lichtdesigner in ihren Workshop-Teams gelernt haben – und keiner fühlte sich unwohl oder geschwächt dabei. Gemeinsames Lernen, oder Team-Lernprozesse, können für alle Beteiligten höchst vorteilhaft sein. Nichtsdestotrotz darf man die Wichtigkeit des Selbstlernens – oder nennen wir es personalisiertes Lernen – nicht vernachlässigen.

Das Lernen oder Studieren gibt uns die Gelegenheit, die eigenen Stärken und Schwächen auszuloten und an ihnen zu arbeiten. Das sollte man positive bewerten und nicht als Schwäche betrachten. Alleine Studieren verstärkt die Konzentration und ermöglicht einem, das eigene Lerntempo zu bestimmen.

Aktuell wird nicht mehr so viel über „Blended Learning“ gesprochen. Vielleicht ist dieser Modus Operandi so akzeptiert worden, dass der Begriff selber einfach überflüssig geworden ist. Oder vielleicht ist es an der Zeit, diesen Ansatz zu überdenken oder neu zu definieren – auch im Sinne der beruflichen Weiterbildung beziehungsweise Fortbildung (Continuing Professional Development – CPD). Was muss heute miteinander kombiniert werden, um effektiv zu lernen oder das eigene professionelle Know-how und die Fähigkeiten entwickeln zu können – unterschiedliche Lernorte (Seminarräume, Tagungsstätten …), Lernmethoden (vom Ausbilder geleitet, Selbststudium, praktische Workshops, Online-Lernen …)?

Ich bin der Meinung, dass das, was wir heutzutage beim Lernen miteinander kombinieren sollen, das ist, was wir aus verschiedenen Quellen oder durch unterschiedliche Fachdisziplinen lernen können, müssen und sollen. Wieso? Weil die Projekte im 21. Jahrhundert so konzipiert und realisiert werden. Wir wissen nicht alles, aber wir müssen auf jeden Fall wissen, was und wer benötigt wird und warum, um ein Projekt sinnvoll und erfolgreich zu realisieren.

Lichtdesign ist einfach kein klar definiertes Fachgebiet mehr. Es fließt eine ganze Reihe von Fachdisziplinen ein. Und dies ist auch der Grund, wieso ich anregen möchte, den Begriff „Blended Learning“ umzunennen in „KAOM Learning“ = Keep An Open Mind Learning (locker übersetzt: beim Lernen offen bleiben). Auf allen Ebenen. Also, wer ist dabei?